Samstag, 28.03.2020
Berge faszinieren. Ziehen den Blick magisch an. Machen einerseits neugierig, flößen Respekt ein, sind unberechenbar. Manche Berge gelten jedoch bis heute als heilig, Berge wie der Sinai in Israel oder der Olymp in Griechenland. Sagen und Mythen ranken sich um Berge. Kaum verwunderlich also, dass Menschen in die Berge strömen, um dort Erfahrungen zu machen, die durchaus religiös sein können.
B erge können andererseits Menschen jedoch auch an Grenzen führen, zum Zweifeln, Verzweifeln bringen. Wie ein Berg türmen sich manchmal auch Probleme, Fragen und Sorgen vor einem auf, dass man weder ein noch aus weiß, sich verloren vorkommt, Angst bekommt. Der Mensch schaut auf und fragt wie das alles zu schaffen ist, wie vielleicht aber auch nur eine schwere Aufgabe zu lösen ist, die vor ihm liegt; ein Problem, das es zu bewältigen gilt wie die Corona-Situation, die die Menschheit weltweit niederdrückt.
“Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe?”, fragt einer in Psalm 121. “Woher kommt mir Hilfe?” Und dann antwortet ein anderer mit seiner eigenen Erfahrung: “Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.” Da wird mitgeteilt, was der andere erfahren hat: dass Gott sich stärker erweist als alle Nöte und Ängste. Aus dieser Erfahrung heraus kann er den Ängstlichen, Mutlosen segnen und ihm zusagen, dass Gott auch ihn behüten und begleiten wird!
So manches Gipfelkreuz schmückt einen Berg. Für mich sind diese Art der Kreuze mehr, sind Zeichen für Jesus, der neues Leben auch dorthin bringt, wo kein Leben mehr möglich scheint. Er erweist sich als Sieger über die Widrigkeiten des Lebens, als Sieger über Berge unserer Sorgen. Sein Kreuz weist gleichsam als Wegweiser und Orientierungspunkt über diese Berge hinaus auf die “Hilfe, die vom Herrn kommt, der Himmel und Erde gemacht hat.”
Pfarrer Jörg Rubeck, Dekan in Germersheim
Freitag,27.3.20
Überall lese ich gerade dieses Wort. Natürlich dienen diese Absagen unser aller Schutz und deshalb respektieren wir es. So manche Absage tut so richtig weh. Jede und jeden trifft es an einer anderen empfindlichen Stelle. Die Seele blutet. Weil eine Feier, auf die wir uns schon gefreut haben, nicht stattfinden kann. Weil ein Urlaub absagt oder abgebrochen werden muss. Weil…- Jede und jeder wird den Satz mit eigenen Dingen weiterführen können. Mein Alltag ist gerade eine einzige Absage, weil etwas nicht geht, wie ich es mir erhofft, geplant, erträumt hatte. Einiges wird sich nachholen lassen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben… Bei manchem wird dies nicht möglich sein. Da brauche ich neue Pläne, Ideen, Aussichten. Und viel Hoffnung, Zuversicht und Geduld.
Krise kommt von dem griechischen Wort für „Entscheidung“. So viele Dinge müssen neu entschieden werden- während und sicher auch nach der Corona-Krise. Auch ganz große und grundsätzliche. Ich merke gerade, wie ich für mein kleines alltägliches Leben jeden Tag neu entscheide, wie ich mit den gegebenen Umständen und den vielen Absagen umgehe. Wie sich Schwerpunkte verschieben. Bisherige Selbstverständlichkeiten werden kostbar. Von Dingen im Haushalt bis hin zu Begegnungen, die sonst einfach so passieren und jetzt so beschränkt und gelenkt sind. Ich sehe manches nochmal mit anderen Augen. Auch den Umgang mit meiner Zeit und der Frage, womit ich meine Tage füllen möchte und kann.
Im Internet kursiert derzeit ein Text zur Ermutigung, der mich sehr berührt:
Nicht alles ist abgesagt …
…Sonne ist nicht abgesagt
…Frühling ist nicht abgesagt
…Liebe ist nicht abgesagt
…Lesen ist nicht abgesagt
…Zuwendung ist nicht abgesagt
…Musik ist nicht abgesagt
…Phantasie ist nicht abgesagt
…Freundlichkeit ist nicht abgesagt
…Gespräche sind nicht abgesagt
…Hoffnung ist nicht abgesagt
…Beten ist nicht abgesagt …
Und: „Alles hat seine Zeit“, sagt der Prediger im Alten Testament im 3. Kapitel.
U nd so könnte aus den vielen Absagen eine Zusage werden- z.B. zu dem, was da oben genannt ist und was unser zerbrechliches kleines Leben trotz und in alledem so wertvoll macht. Also: In all den vielen Absagen eine trotzige kleine Zusage. Ab und zu zumindest …
Christine Klein-Müller, Pfarrerin in Germersheim seit 2013
Donnerstag,26.3.20
Wir Menschen sind doch sehr verschieden:
Es gibt Menschen, denen das Allein-Sein leicht fällt, die nicht so sehr von konkreten Kontakten mit anderen abhängig sind. Und es gibt andere, denen fällt das Allein-Sein schwer. Es belastet sie, wenn sie kein konkretes Gegenüber, keinen realen Gesprächspartner haben, mit dem sie das teilen können, was sie beschäftigt.
Zu welcher Gruppe gehöre eigentlich ich?
Vielleicht ist das Allein-Sein-Können tatsächlich eine Kunst, die wie vieles andere auch geübt und gelernt sein möchte. Was kann uns dabei helfen?
Hilfreich ist vor allem der Perspektivwechsel, das Allein-Sein nicht primär als Mangel zu sehen. Allein-Sein könnte auch positive Qualitäten entwickeln:
Zeit haben für
die Stille
das Hören auf das, was in mir los ist
das Lesen in einem guten Buch, vielleicht auch in der Heiligen Schrift
das bewusste Anzünden einer Kerze
das Gebet
…
Für mich gibt es einen großen Unterschied zwischen „Allein-Sein“ und „Einsam-Sein“.
Die aktuelle Lage im Land zwingt viele von uns zum Allein-Sein. Aber wir müssen nicht zwangsläufig auch einsam sein.
Wir können und dürfen
aneinander denken
miteinander telefonieren
uns schreiben
uns bei Begegnungen auf der Straße freundlich grüßen
füreinander und miteinander beten
…
Am Ende des Matthäusevangeliums sagt Jesus:
„Seid gewiss, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt!“
Nein, wir sind nicht wirklich allein. ER ist bei uns. Auch in diesen Tagen!
Gott sei Dank!
Thomas Bauer, Pastoralreferent in der Pfarrei Seliger Paul Josef Nardini Germersheim
Mittwoch, 25.3.20
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
geborgen sein, sich sicher fühlen, das fällt unter den gegebenen Umständen immer schwerer. Die erschreckenden Bilder aus Italien, die wir die Tage alle sehen, die Unsicherheit, was das Virus im unserem Land noch alles bringt, macht es fast unmöglich sich sicher zu fühlen. Wir haben Angst um unsere älteren und schwächeren Familienmitglieder und Freunde, vielleicht auch um uns selbst.
In dieser unsicheren Situation schlage ich das Gesangbuch auf und lese die erste Zeile des Kehrvers von Dietrich Bonhoeffers bekanntem Kirchenlied „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag“ und denke bei mir: der hat gut reden! Wenn ich an das denke, was vielleicht noch kommt, dann wird mir eher Angst und Bange. Große Ängste und Verzweiflung kannte der Kirchenmann aber sicherlich auch. Er schreibt diese Zeilen 1944 als Gedicht an seine Verlobe, eingekerkert im Konzentrationslager Flossenbürg in der Erwartung seiner Hinrichtung. Sein Gottvertrauen beeindruckt mich. Fast gelassen hören sich seine Zeilen an. Sein Glaube ist so fest, dass er in dieser ausweglosen Situation noch an die guten Mächte, an Gottes Dasein glauben kann. Dietrich Bonhoeffer erwartet kein Wunder. Er weiß, sein Vertrauen in Gott wird ihn nicht vor dem Tod schützen, aber sein fester Glaube lässt ihn gelassen auf das, was kommend wird schauen.
Sein Gottvertrauen nehme ich mir heute als Vorbild. Ich will darauf vertrauen, dass Gott gerade in der Krise mit mir geht „am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“.
Irina Manck
38 Jahre, seit 2015 Pastoralreferentin in der Pfarrei Seliger Paul Josef Nardini Germersheim